Übersetzung der slowenischen Pressekritiken


Über das Leiden der Existenz

Tanzaufführung: GOLEM II.
Choreografie: Stefan Maria Marb
produziert von Plesni Teater Ljubljana
koproduziert von In_Out
Ljubljana, Plesni Teater Ljubljana Aufführungsort
Premiere: 28. 11. 2003

“Eines der besten Tanzprojekte des Jahres”

Der deutsche Choreograf Stefan Maria Marb, den man zuletzt regelmäßig in den Choreografien von Tanja Zgonc gesehen hat, beschäftigt sich in seiner Kreation mit dem Phänomen künstlich erzeugten Lebens. Der Choreograf setzt eine Parallele zwischen einerseits der jüdischen Legende, wonach die Golems von mittelalterlichen Rabbis nach göttlichem Rezept aus Wasser und Erde als Hilfskräfte ohne menschlichen Status geschaffen wurden und andererseits futuristischen Konzepten bezüglich menschlichen Klonens, bei denen Irritationen mehr hinsichtlich ihres sozialen Status im Vergleich zur menschlichen Rasse erzeugt werden als hinsichtlich der aktuellen biologischen Prozedur.

Der Ursprung der Bewegung in Golem-II ( der erste Teil wurde letztes Jahr in München aufgeführt) ist Butoh, die der Choreograf als Autor überlegt einsetzt; es ist ein außerordentlich energetisches und manchmal explosives Butoh, gewürzt mit New Dance Technik, die die Tänzer in sich wiederholenden, kreisförmigen Bewegungen, besonders am Boden, auf die Bühne bringen.

Der Choreograf verbindet präzise beide Konzepte künstlichen Lebens in der Bewegung sowie auf der visuellen Ebene. Zu Beginn erscheint im Aufführungsraum, über dem vier riesige gefederte Eier schweben, ein Wesen mit einer Maske in einem schwarzen Umhang, während über dem Publikum ein von innen beleuchtetes Ei hängt, in dem sich ein Fötus bewegt. Also, ähnliche Welten zweier verschiedener Zeiten. Während die Legende der mittelalterlichen, alchemistischen Welt zu Beginn der Aufführung auf der Bühne ist, befindet sich die geklonte Welt direkt über den Köpfen des Publikums, und zwar so nahe, dass es nur eine Fage der Zeit sein kann, wann sie sich berühren werden. Der GOLEM (Primoz Bezjak) bewegt sich zu Beginn wie ein Automat, wobei sich der Effekt der Bewegung dadurch verstärkt, dass sich seine Rückseite dem Publikum zugewandt bewegt und er gleichzeitig eine weiße Maske auf der Rückseite des Kopfes trägt, währenddessen man die Rückseite seiner Hand sieht ,wenn er die Handfläche bewegt. Deswegen erscheint der GOLEM als eine schlecht gebaute Kreatur. Von dem innen beleuchteten Ei über dem Publikum windet sich ein Klon (Barbara Kukovec) und, als sie es schafft, im Butohoutfit- weiß geschminkt- mitten durch die Zuschauer auf die Bühne zu gelangen, wo sie auf das gestaltete Wesen der Alchemisten trifft, dann verschwindet langsam die Trennungslinie der beiden und ihre Körper fangen an, die Plätze zu tauschen.

Der Choreograf und die herausragenden Tänzer drücken in überzeugender und gelungener Manier das Leiden der Existenz aus; beide Körper erscheinen extrem unsicher, traurig und ängstlich - wie Fremde in der Welt, was man auch als eine Metapher des Menschen in der Welt begreifen kann. In einer hochentwickelten Performance mit langsamen und intensiven Abschnitten, sowie mit Details, wie zum Beispiel dann, als die Tänzerin auf den Schultern des Tänzers sitzt und beide zusammen als ein einziger wellenförmiger Hybridkörper erscheinen, kommt deren hervorragende Körperbeherrschung zu Tage. Ebenso ist die Struktur der Performance durchdacht und wird vollendet durch die elektronische Musik (Matthias Renert) und ein präzises Licht (Miran Šušteršic).

Der Golem-II, der sich sowohl durch seine excellente Reinheit der Bewegung als auch durch seine visuelle Stringenz auszeichnet, sowie durch die bestmögliche Ausführung seiner Performer in einem durchdachten Ablauf, ist eines der besten Tanzprojekte des letzten Jahres.

Mojca Kumerdej für DELO, die nationale Haupttageszeitung am 9. Dezember 2003


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Das Rad des Lebens und des Todes

GOLEM 2 von Stefan Maria Marb
Nominiert für den slowenischen Tanzpreis “Povodni moz” 2003

Auszüge aus der Kritik

... Es ist eine von sprachlosen Körpern erzählte, hervorragend entwickelte Geschichte über das Urzeitliche, über den konstanten Fluß des Lebens und des Todes, über dessen Hebel, über das Etablieren von ursprünglichen Verhaltensmustern sowie über die menschliche Existenz!...

... Die Protagonisten Primoz Bezjak und Barbara Kukovec sind hervorragend vorbereited und tanzten ihre Rollen mit einer Körperperfektion von innen heraus, wo jeder Teil des Körpers erzählt und wo sich in der Bewegung die Tiefe der Archetypen widerspiegelt. In diesem Tanz der ursprünglichen Bilder wird eine Geschichte über das Leben und den Tode entwickelt, sowie über Energien, die sammelnd speichern und wieder auflösen, damit das Neue wachsen kann….

... Der Tanz ist dynamisch, die Drehungen schnell, die Zusammenstösse und der Übergang in die Innenansichten dramaturgisch wohlüberlegt, wobei die Tänzer in ihrer freien Interpretation des Butoh tadellos überzeugen...
Daliborka Podboj, für Vecer, der Haupttageszeitung in Maribor am 22. Januar 2004

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